Im Rahmen des Projekts „Circular Economy – Mehr als nur Recycling“ ermöglichte die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH (WBC) Schülerinnen und Schülern des Gymnasium Nepomucenum in Coesfeld einen umfassenden Einblick in moderne Abfallwirtschaftsprozesse.
Am Donnerstag vergangener Woche besichtigten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7, 8 und 10 im Rahmen einer Führung unter anderem die Kompost- und Biogasanlage der Fa. Reterra im Kreis Coesfeld. Dabei erhielten sie detaillierte Informationen über die Sortierung und Verwertung von Abfällen sowie die nachhaltige Bedeutung der Kreislaufwirtschaft. Besonders im Fokus standen die Prozesse, durch die aus organischen Abfällen wertvolle Energie und Biokompost gewonnen wird.
Auf die Gruppe wartet Frank Abbenhaus, Betriebsleiter der Kompost- und Biogasanlage, die im Auftrag der WBC durch die Firma Reterra West GmbH betrieben wird. In der Bioabfall-Annahmehalle beschreibt er den interessierten Schülerinnen und Schülern welche Störstoffe sich regelmäßig im Bioabfall finden, und welche Auswirkungen diese auf die Verarbeitung haben. „Häufig finden sich sogenannte kompostierbare Abfallbeutel im Biogut. Diese sind leider nicht vollständig kompostierbar und müssen in unseren Anlagen aussortiert werden“ erklärt Abbenhaus und zeigt den Schülerinnen und Schülern dabei eine Plastiktüte aus dem Bioabfall. „Auch normale Kunststofftüten und andere Fremdstoffe landen noch in der Biotonne, was die Trennung aufwendiger macht. Alles in allem können wir hier im Kreis Coesfeld aber viele Tonnen Bioabfall pro Jahr in Biokompost und Biogas umwandeln.
Frank Abbenhaus zeigt den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Nepomucenum eine „kompostierbare“ Plastiktüte aus dem Biomüll.
Im Kreis Coesfeld können bis zu 10 % des angelieferten Bioabfalls aufgrund von Verunreinigungen nicht genutzt werden, das sind rund 4.500 Tonnen. Die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH führt seit einigen Jahren Tonnenkontrollen durch und beteiligt sich an der deutschlandweiten Aktion #wirfuerbio, die für mehr Sortenreinheit in der Biotonne wirbt. Dadurch konnte der Biomüll schon wesentlich verbessert werden.
Neben der Annahmehalle wird die fertige Komposterde gelagert. Diese ist RAL-zertifiziert und wird monatlich überprüft. „Wie man sieht, sind keine einzelnen Bestandteile mehr zu erkennen. Der angelieferte Bioabfall wird zu dieser reinen Komposterde verarbeitet“ sagt Abbenhaus und zeigt eine Handvoll Erde vor. „Enthalten sind wichtige Inhaltsstoffe für Pflanzen darunter Stickstoff, Kalium und Phosphat. Diese Komposterde ist ein natürlicher organischer Dünger.“
Die im Kreis Coesfeld verwerteten Biotonnenabfälle tragen einen wesentlichen Beitrag dazu wertvolle natürliche Dünger für die ökologische Landwirtschaft zu erzeugen.
Der Bio-Kompost wird aus den Gärresten, die in einer Biogasanlage übrig bleiben, gewonnen. Diese Nebenprodukte der Vergärung enthalten viele Nährstoffe, die für die Bodenverbesserung nützlich sind. In Kompostierungstunneln wird den Gärnebenprodukten Sauerstoff zugeführt, damit Mikroben diese weiter zersetzen können. Dabei werden Temperatur und Sauerstoff in den Tunneln regelmäßig überwacht und geregelt, um den Zersetzungsprozess bestmöglich zu unterstützen.
Frontansicht zweier Kompostierungstunnel
„Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung des Biogutes unterscheidet sich der Energiegehalt zwischen den Jahreszeiten signifikant. So hat der angelieferte Bioabfall im Sommer nur einen Energiegehalt von ca. 60 Kubikmeter Biogas pro Tonne. Das ist auf den hohen Anteil von Grünabfällen und Rasenschnitt in diesen Monaten zurückzuführen. Im Gegensatz dazu haben die winterlichen Bioabfälle einen Energiegehalt von bis zu 200 Kubikmeter Biogas pro Tonne“ erklärt Herr Abbenhaus den Schülerinnen und Schülern bevor es hoch aufs Dach der Biogasanlage geht. Auf dem Weg dahin wird noch ein Stopp gemacht, bei dem durch ein kleines rundes Fenster in die Anlage hineingeschaut werden kann. Dort kann man beobachten, wie die Biomasse stetig umgerührt wird und die ein oder andere Blase sieht man auch.
In einer Biogasanlage werden mittels Trockenfermentation organische Abfälle vergoren. Vergärung bezeichnet den Abbau von organischem Material durch Mikroorganismen ohne Sauerstoffbeteiligung, also unter anaeroben Bedingungen. Dabei wandeln verschiedene Bakterien das Material in Biogas um.
Einblick in einen Fermenter der Biogasanlage
Auf dem Dach der Anlage sieht man die Rohre, mit denen das erzeugte Biogas aus den beiden Fermentern in den Gasspeicher geleitet wird. Aus diesem Speicher geht es weiter in die nahe gelegene Biogasaufbereitung auf dem Gelände der Altdeponie Coesfeld-Höven. Dort wird das Biogas, ein Gemisch aus verschiedenen Gasarten, weiter zu hoch konzentriertem Biomethan mit einem Reinheitsgrad von 98 % aufbereitet und verdichtet. Anschließend wird es durch den Netzbetreiber, der Firma Thyssengas ins Transportnetz eingespeist.
Ralf Abeler, Deponieleiter der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH, führt die Schülerinnen und Schüler durch den Reinigungsprozess und erklärt die verschiedenen Schritte und Anlagen. „Biogas enthält als Rohgasgemisch etwa 50 - 65 % Methan und 35 - 50 % Kohlendioxid. Es sind auch kleine Mengen von Schwefelwasserstoff, Wasserdampf, Ammoniak sowie Stickstoff und Sauerstoff enthalten. Aber nur das Methan eignet sich für die Einspeisung ins öffentliche Erdgasnetz und muss daher rausgefiltert werden“ erklärt er. „Das geschieht durch eine physikalische Wäsche und dem Einsatz einer Waschlösung. Diese trennt die nicht nutzbaren Bestandteile vom Methan. Bevor das Biomethan dann eingespeist wird, muss es noch „getrocknet“ werden. Dabei wird durch Abkühlen die Restfeuchte entzogen.“
Die Biogasaufbereitungsanlage der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH. In den „Türmen“ wird mittels Waschlösung das Biomethan von den anderen Biogasbestandteilen getrennt um es ins öffentliche Erdgasnetz einzuspeisen.
Zum Abschluss der Führung ging es noch einmal an der benachbarten Deponie vorbei, die derzeit in ihrer Stilllegungsphase ist. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Nepomucenum führen im Rahmen ihrer Praxistage weitere spannende Experimente, Führungen und Gespräche rund um Recycling, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft und lernen wie diese Themen im Kreis Coesfeld umgesetzt werden.